Controlling ist der Schlüssel zum Erfolg – klingt komisch, ist aber so

Warum controllen?

Vergleiche dein Unternehmen einmal mit einer Flugreise: Das Ziel deiner Reise ist ein bestimmter Flughafen. Um dort anzukommen, braucht es die richtige Maschine und Technik. Du brauchst Treibstoff. Deine Route und die Reisehöhe müssen im Vorfeld klar sein. Während des Fluges musst Du ständig die Flughöhe, Richtung, Wind und den Kerosinverbrauch messen und wenn nötig gegensteuern, um auf Kurs zu bleiben.

Auf dein Unternehmen übertragen bedeutet es, deinen Unternehmenszweck bzw. das Ziel zu kennen. Du brauchst eine Strategie und Geschäftsmodell. Während deiner „Reise“ benötigst Du Controlling und wenn nötig Maßnahmen im operativen Geschäft, um auf Kurs zu bleiben.

Viele kennen noch ihr Reiseziel (Unternehmenszweck). Einige haben die richtige Maschine, Kerosin, Technik, Route, Flughöhe (Strategie und Geschäftsmodell). Aber kaum einer misst während des Fluges Flughöhe, Richtung, Kerosin, Wind usw. (Controlling) und ergreift nötige Gegenmaßnahmen (Operatives Geschäft), um auf Kurs zu bleiben.

Das Ergebnis des Blindflugs: Unzufriedenheit, Frustration, Neid, keine Zeit, zu viel operatives Tagesgeschäft, zu viel Kleinklein.

Betriebswirtschaftlicher Erfolg ergibt sich aus der Effektivität, als das Richtige tun und der Effizienz, also es richtig zu tun. Controlling ist aus unserer Sicht unabdingbar für den betriebswirtschaftlichen Erfolg. Controlling ist damit Teil der eigenen Geschäftsmodellentwicklung. Dafür musst Du dir eigene Ziele setzen und deren Erreichung messen. Es handelt sich also um eine Erfolgskontrolle. Nur mit dem richtigen Controlling können Du positive wie negative Entwicklungen erkennen und nachsteuern.

Wie controllen?

Generell gilt: So wenig wie möglich, so viel wie nötig. Stelle dir vorher die Frage: Was brauche ich? Denke an die Flugreise von oben. Miss nur, was Du zur Steuerung benötigst. Institutionalisiere das Controlling. Das heißt, mache es nicht, wenn gerade Mal Zeit und Lust ist, sondern schaffe Routinen. Wir controllen beispielsweise – je nach Messgröße – täglich, wöchentlich, quartalsweise und jährlich. Controlling ist nur effizient, wenn Du es ständig, regelmäßig und zeitnah erledigst. Da wir unser Controlling sehr routiniert und standardisiert haben, ist der Zeitaufwand für uns mit ca. zwei Stunden pro Woche denkbar gering.

Entwickle feste Formate für dich, bei denen Du die neutralen Zahlen auswertest und interpretierest. Erst wenn Du sie interpretierst und über die Ursachen der Entwicklung nachsinnst, kannst Du die geeigneten Maßnahmen ableiten. Umsatzwachstum ist eben nicht gleich Umsatzwachstum: stecken Einmaleffekte dahinter? Wurde das Wachstum durch mehr Zeiteinsatz erkauft? Sind die Kosten mehr gestiegen?

Tausche dich mit anderen aus und schaffe geschützte Räume, in denen ihr euch vergleichen könnt. Dabei sollte es nicht darum gehen, wer den größten (Umsatz) hat, sondern auf Augenhöhe voneinander zu lernen. Involvieren auch deine Mitarbeiter:innen. Sie sind das wertvollste Asset, was Du vermutlich hast. Außerdem sind sie öfter näher dran und bieten so wertvolle Perspektiven.

Was controllen?

#Zeit

Wir nutzen zur dafür das online Zeiterfassungstool „toggl“. Es ist intuitiv, in der Basis-Version kostenfrei und funktioniert einwandfrei. Wir haben unterschiedliche Zeit-Kategorien eingerichtet: Strategisches, Weiterbildung, Marketing/Werbung, Post/E-Mails, Beratung, Terminvor- und –nachbereitung sowie Bestandskund:innen. Wir loggen uns zu Beginn des Arbeitstages ein und erfassen unmittelbar für jede Tätigkeit die Kategorie. Sollte es mal nicht möglich sein, weil man z.B. unterwegs ist und keinen Internetzugang hat, kann man die Zeit auch nachtragen. Das sollte jedoch die Ausnahme sein. Das Ziel ist es, die fakturierbare Zeit zu ermitteln. So erhält man die Information, wie viel Zeit man fiktiv oder wie bei uns tatsächlich per Honorar in Rechnung stellt. Außerdem kann man Zeitfresser erkennen. Ändert man bestimmte Prozesse lässt sich so nach einiger Zeit eruieren, ob die gewünschte Zeitersparnis eingetreten ist oder nicht.

#Betriebswirtschaftliches

Mittels eigens geschriebener Excel-Listen erfassen wir verschiedene betriebswirtschaftliche Kennziffern und stellen sie in Beziehung zueinander. So erfassen wir die Einnahmen, Ausgaben, Liquidität, fixe und variable Kosten sowie die Verteilung von (Abschluss-/Bestands-)Courtagen und Honoraren. Das erledigen wir einmal die Woche bzw. monatlich. Damit erkennen wir frühzeitig problematische Entwicklungen und sichern die Liquidität. Die betriebswirtschaftliche Auswertung der Steuerberatung ist dafür manchmal zu spät oder ungenau.

#Feedback

Mit Google-Forms holen wir online (anonym) Feedback ein. Google Forms ist einfach, intuitiv und bietet eine gute Auswertungsfunktion. Anlässe zum Einholen von Feedback sind: Abschluss der Erstberatung, Abschluss einer Bestandsberatung und ein regulierter oder abgelehnter Schadenfall. Wir lassen einzelne von uns vorgegebene Aspekte, wie z.B. den Außenauftritt, die Beratungsgespräche oder die Kommunikation bewerten und geben die Möglichkeiten, uns konkrete Verbesserungsvorschläge zu machen. Da wir die Feedbacks seit Jahren strukturiert und immer ähnlich einsammeln, können wir den Zeitreihenverlauf per Excel analysieren. Das Ziel dabei ist es einerseits Verbesserungspotenziale zu erkennen, umso besser zu werden und andererseits die Kund:innen zu aktivieren und über die Beratung zu reflektieren.

#Akquise

In einer eigens geschriebenen Excel-Liste in Verbindung mit der Zeiterfassung können wir unseren Akquise-Erfolg analysieren. Wir stellen die Zeit für die Akquise (allgemeines Marketing + Gespräche) in Beziehung zur Zahl der Erstgespräche, Neukund:innen und den Erträgen. Das Ziel ist es, die Effizienz der Akquise („Mache ich die Akquise richtig?“) und Effektivität der Akquise („Mache ich die richtige Akquise?“) zu ermitteln und im Zeitreihenverlauf zu vergleichen. Das geschieht bei uns einmal jährlich. So haben wir herausgefunden, dass wir 2015 für jede Stunde Einsatz in Marketing und Akquise 64€ Erträge erwirtschaftet haben. Bis 2021 konnten wir das auf 634€ steigern.

#Neu- und Bestandskund:innen

In weiteren Excel-Tabellen erfassen und werten wir unsere Neu- und Bestandskund:innen aus. Dafür erfassen wir die Zeit für jeden Prozess-/Beratungsschritt in der Erst- und Bestandsberatung nach Jahren. Ist eine Beratung abgeschlossen, übertragen wir die Daten. Damit können wir ermitteln, inwieweit sich Änderungen des Beratungsprozesses auf die Dauer und damit die Kosten für unsere Mandant:innen auswirken. Das stellen wir den Umsätzen der Kund:innen nach Jahren aufgeschlüsselt gegenüber. Das Ziel ist es, immer genauere Kostenvoranschläge für die Honorarberatung zu erstellen. Wer lediglich auf Courtage-Basis arbeitet, erkennt so, welchen Stundensatz er oder sie tatsächlich erzielt bzw. verlangen müsste.

#Kund:innen allgemein

In dieser Excel-Tabelle und mit dem Maklerverwaltungsprogramm erfassen wir die Zahl und Art/Sparten der Verträge je Kund:in und die Courtagen je Kund:in. Die Daten übertragen wir nach jedem Abschluss eines Beratungsprozesses. Das Ziel ist es, die Vertragsdichte, die Durchdringungsquote z.B. in der Einkommensabsicherung zu ermitteln und so Schwerpunkte zu erkennen. Wenn man neue Sparten erobern möchte, lässt sich so nach einiger Zeit der Erfolg oder Misserfolg anzeigen.

#Aktivität

Die letzte Excel-Tabelle in Verbindung mit der Zeiterfassung dient der Erfassung und Bewertung unserer Aktivitäten. Dort erfassen wir die Zahl der Akquisegespräche, Beratungstermine mit Neu- und Bestandskund:innen sowie die Zahl der Neukund:innen. Diese stellen wir wieder in Beziehung und können so verschiedene Quoten ermitteln: Akquisegespräche zu Neukund:in, Empfehlungsquote oder die Stornoquote. Wir konnten beispielsweise unsere Quote von Akquisegesprächen zu Neukund:innen von unter 50% 2013 auf 80% in 2021 steigern. Das heißt, von Gesprächen mit 10 Interessent:innen werden acht Kund:innen.

Das Ziel ist es einerseits, die Produktivität und Effektivität zu messen und andererseits ungewollte Spitzen, z.B. das berühmt berüchtigte Jahresendgeschäft zu vermeiden oder zumindest abzumildern. So gewährleisten wir auch, nicht zu viele Neukund:innen aufzunehmen, die war dann nicht ordentlich abarbeiten könnten. Auf dieser Grundlage lässt sich eine gute Jahresplanung aufstellen.

Autoren: Stephan Busch und Tom Wonneberger

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