Mit Vision – Auf dem Weg zum Unternehmer: Interview mit Remie Gerstenberger


„Ich bin ganz allgemein für eine Verschlankung
der Systeme und Strukturen

Bist du bereit, die Grenzen des Gewöhnlichen zu durchbrechen? Entdecke ‘Mit Vision – Auf dem Weg zur Unternehmer:in’, unsere exklusive Interview-Reihe, die die Türen zu einer Welt voller Innovation, Kreativität und strategischer Weitsicht öffnet. Hier enthüllen Pioniere der Branche aus erster Hand die Höhen und Tiefen des Unternehmertums. Authentische Geschichten, die so greifbar sind, dass du das Gefühl hast, selbst am Tisch zu sitzen.

Heute sprechen wir mit Remie Gerstenberger. Remie ist Co-Founder und Geschäftsführer der Makler-GmbH Finanzstube. Zuvor hat er lange für die Debeka Weimar gearbeitet. Er ist Versicherungsfachmann, Diplom-Finanzwirt, Finanzanlagenfachmann und Betriebswirt für betriebliche Altersversorgung.

Was geht dir durch den Kopf, wenn du an Versicherungen denkst? 

Für viele Menschen sind sie ein Graus, für mich mittlerweile Passion und ein großer Teil meines Lebens.

Wie bist du in die Branche gekommen? 

Das geschah durch einen Zufall. Ich habe deutsches Steuerrecht studiert und war während meines dualen Studiums zum Diplom-Finanzwirt bei der Debeka privat krankenversichert. Nachdem ich mein Studium beendet und die Beamtenlaufbahn verlassen hatte, wollte ich meine private Krankenversicherung bei der Debeka in Weimar kündigen. Dort hat mich ein ehemaliger Mitschüler vom Gymnasium, der damals bei der Debeka Auszubildender war, bezüglich einer Tätigkeit bei der Debeka angesprochen. 

Zuerst fand ich die Idee nicht so dolle, aber als es um betriebliche Altersversorgung ging, wurde ich hellhörig, weil das ein Thema meiner Abschlussarbeit war. Ich habe mich zu einem ersten Vorstellungsgespräch mit dem damaligen Geschäftsstellenleiter in Weimar überzeugen lassen und zack, drei Monate später war ich zum 01.01.2011 Quereinsteiger bei der Debeka in Weimar. Ab dem 01.01.2012 war ich Führungskraft für sechs Jahre und anschließend für sechs Jahre Spezialist für die betriebliche Altersversorgung. Dann haben ich, ebendieser damalige Auszubildende und ein weiterer Vertriebler die Debeka Weimar verlassen und eine eigene Makler-GmbH namens Finanzstube gegründet.

Warum gehst du arbeiten?

Natürlich um Geld zu verdienen, aber mir sind auch die Finanzen und Schicksale unserer Mandant*innen so wichtig geworden, dass diese mich jeden Tag motivieren. 

Wofür bist du besonders dankbar?

Für meine Privilegien als gesunder junger Mitteleuropäer. 

Geld ist ein Mittel zum Zweck

Wofür gibst du gern Geld aus und was ist Geld eigentlich für dich? 

Essen, Urlaub, Party, Freunde … ich gebe gern Geld für das Leben aus. Es ist ein Mittel zum Zweck, um Spaß zu haben und Pläne für die Zukunft machen zu können.

Wenn du heute Kund:in von Finanzdienstleistungen wärst: Was wären für dich No-Gos und was ein Must-have? 

Es ist für mich ein No-Go, wenn der/die Berater:in nur ein Produkt oder einen Anbieter vertritt, genauso wie fehlende Transparenz. Dementsprechend ist es ein Must-have für mich, verschiedene Wahlmöglichkeiten und transparente Vergleiche präsentiert zu bekommen. 

Butter bei die Fische: Was ist der Auftrag der Finanzdienstleistungsbranche gegenüber der Gesellschaft? Wo liegt eigentlich unsere Verantwortung? 

Risiken absichern, Gesundheit und Vermögen schützen, Perspektiven und Vertrauen schaffen – das ist in meinen Augen unser Auftrag.

Warum bist du Unternehmer:in geworden?

Ich wollte die Kundenorientierung und Freiheit auf ein anderes Level heben, indem ich das Produktportfolio und die Tarifauswahl erweitere und den Kund:innen in vielen Fällen die Wahl zwischen einem Brutto- und Nettotarif lasse. Ich möchte für meine Kunden gern immer die „Best-in-class“-Produkte haben. 

Was ist dein Auftrag gegenüber der Gesellschaft?

Ich sehe ihn darin, in meinem Bereich so gut zu sein und das auch auszustrahlen, sodass ich ein Vorbild für andere bin. Damit möchte ich die Situation meiner Kund:innen verbessern – und vielleicht auch noch größere Dinge. Zum einen sollen sie nach meinen Beratungen schlauer sein als vorher und für sich bessere finanzielle Entscheidungen treffen können. 

Zum anderen unterhält man sich aber auch manchmal über Themen wie Nachhaltigkeit, Politik und zwischenmenschliche Dinge. Und aufgrund meiner stets direkten und offenen Art halte ich meine Meinung nicht zurück. Mir wurde auch schon regelmäßig gespiegelt, dass sich manche Kund:innen aufgrund unseres Gespräches neben dem Finanzthema auch noch mit den zuvor genannten Themen beschäftigt haben und gegebenenfalls auch ein kleines Umdenken stattgefunden hat. Genauso habe ich aber auch schon nach Kund:innengesprächen meine eigenen Denkweisen und Meinungen hinterfragt. 

Häufig vermisse ich Selbstreflexion und die Fähigkeit, über
den Tellerrand hinauszuschauen

Welche unabdingbaren Skills vermisst du bei vielen Vermittler:innen?

Häufig vermisse ich Selbstreflexion und die Fähigkeit, über den Tellerrand hinauszuschauen. 

Stimmt die These, dass gute Vermittler:innen oft keine guten Unternehmer:innen sind?

Das kann gut sein, denn gute Vermittler:innen sind oft Einzelkämpfer. Pauschal kann man das aber nicht sagen.

Welche Eigenschaften sind deiner Meinung nach wichtig für eine:n erfolgreiche:n Unternehmer:in?

Weitsicht, Empathie, ökonomisches Verständnis, Zuverlässigkeit und Vertrauen.

Welchen Tipp würdest du einem/einer jungen Vermittler:in geben, der/die kurz vor der Gründung des eigenen Makler-Unternehmens steht?

Sie sollten netzwerken, netzwerken, netzwerken und von erfahrenen Makler:innen lernen. Sie müssen Wissen aufbauen und Partner finden für die Geschäftsbereiche, an denen sie selbst kein Interesse haben. 

Welche Herausforderungen hast du bei der Gründung deines Unternehmens erlebt?

Die Bürokratie hat mich herausgefordert, genau wie die Planung von Liquidität. Und ich musste lernen, mit welchen Menschen ich mich austauschen will – und bei wem man sich die Kapazitäten sparen kann. 

Was war dein größter Fehler im letzten Jahr?

Mich beim Sachkundelehrgang zum Rentenberater anzumelden und dort über 7000 Euro und sehr viele Stunden zu investieren. Denn ich dürfte diese Tätigkeit als Versicherungsmakler aufgrund eines „Interessenkonflikts“ gar nicht ausüben – beziehungsweise wenn dann nur über eine andere Firma. Außerdem habe ich gemerkt, wie sehr mich Online-PowerPoint-Vorlesungen von 9 bis 18 Uhr an mehreren Tagen in Folge stressen und wie hoch die Opportunierungskosten aufgrund meines Fehlens sind.

Wenn ich verunsichert bin, versuche ich,
in die Vogelperspektive zu gehen

Wie gehst du mit Risiken und Unsicherheiten um, die mit dem Unternehmertum verbunden sind?

Ich tausche mich mit meinen Kolleg:innen aus. Und wenn ich allein bin, versuche ich, in die Vogelperspektive zu gehen und objektiv zu betrachten, ob das Risiko wirklich eines ist oder ob ich es mir gerade nur einbilde. 

Was schätzt du am meisten am Unternehmertum? 

Die Freiheit.

Was macht für dich ein gutes Geschäftsmodell aus? 

Eines mit Substanz, das langfristigen Erfolg verspricht – und bei dem man die eigenen Werte nicht aufgeben muss. 

Was glaubst du: Welche Herausforderungen stehen dem Vermittler:innen-Markt bevor? 

Eine ist mit Sicherheit der Vermittlerschwund und viele freie Stämme. Dazu kommen noch die Zusammenarbeit mit Künstlicher Intelligenz und das Wegbewegen vom reinen Wissensvermittler hin zu einem Markt, bei dem es mehr um Dienstleistung und „Coaching“ der Kunden geht.

Die Digitalisierung der Versicherer und der dadurch entstehende
administrative Aufwand sind einfach verrückt

Glaubst du, dass sich die Maklerschaft immer mehr an Pools bindet?

Ja, das überlegen wir tatsächlich gerade selbst. Denn die Digitalisierung der Versicherer und der dadurch entstehende administrative Aufwand sind einfach verrückt und nicht zu bewältigen. 

Wenn du dir den Vermittlermarkt anschaust: Was sollten Vermittler:innen verändern, um in Zukunft bestehen zu können?

Sie sollten offen sein für Technologien, Kooperationen und Veränderungen.

Kann KI die Beratung in naher Zukunft übernehmen?

Zum Teil ja, gerade was Fachwissen und das Aufarbeiten von Vergleichen oder Planungsprozessen angeht. In Gänze wird sie das aber nie, denn Menschen möchten weiter mit Menschen sprechen. In der Beratung spielen schließlich auch Emotionen, Gefühle und Vertrauen eine große Rolle. Ich sehe hier ein zukunftsträchtiges Quartett: Kund:in – Vermittler:in – Anbieter:in – Künstliche Intelligenz. 

Wie förderst du Innovation in deinem Unternehmen?

Durch Bildung und stetigen Austausch.

Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in deinem Unternehmen? Hast du Initiativen oder Programme implementiert, um sozial-ökologische Verantwortung zu übernehmen?

Ja, das habe ich von Beginn an getan. Wir spenden jährlich fünf bis zehn Prozent unseres Gewinns an unterschiedlichste gemeinnützige Organisationen. Wir nutzen Geldanlagen nach Artikel 8 und 9 der Taxonomieverordnung, arbeiten im Homeoffice und mit Onlineberatung. Außerdem reduzieren wir den Verbrauch von Papier und unseren Fleischkonsum – und wir reden öffentlich darüber.

In welchen sozialen Netzwerken bist du unterwegs, in welchen davon bist du sichtbar?

Ich nutze BVMW, Deine Firmenversicherung, LinkedIn, Instagram und WhatsApp.

Was tust du, um Talente in deinem Unternehmen zu halten?

Ich lege Wert auf einen wertschätzenden und stetigen Austausch in einem freundschaftlichen Umfeld. Die Bezahlung ist ordentlich, bei zusätzlichen Benefits. Darüber hinaus gibt es bei uns ein hohes Mitbestimmungsrecht und flache Hierarchien. Die Arbeitszeit kann frei eingeteilt werden. Dazu kommen gemeinsame Aktivitäten.

Wann fühlst du dich erfolgreich? 

Wenn ich bei Tennis gegen meine Freunde gewinne – und wenn ich mein eigenes monatliches Umsatzziel erreiche. 

Wenn du einen Wunsch an die Branche hättest, welcher Wunsch wäre es?

Weniger Gegeneinander, mehr Miteinander. Und dazu: mehr Transparenz und Kundenorientierung.

Die Kund:innen suchen Sicherheit
und ein gutes Bauchgefühl

Mal ehrlich: Kommt es, wenn es um die Zufriedenheit von Verbraucher:innen geht, wirklich auf die Vergütung an? Worauf achtest du als Kund:in von Dienstleistungen?

Die Kund:innen suchen Sicherheit und ein gutes Bauchgefühl, aber am Ende kommt es in der Auszahlung schon auf die Höhe an.

Welche Chance hat das Thema Honorarberatung für die Gesellschaft und unsere Branche? 

Eine sehr hohe, dafür brauchen wir aber auch eine gute Regulatorik. Manchmal sind die Honorare auch so hoch, dass sich ein Bruttotarif mehr lohnen würde. Ich bin ganz allgemein für eine Verschlankung der Systeme und Strukturen, um die Kosten in den Finanzdienstleistungsprodukten zu senken. Da könnten wir zum Beispiel mit sicher 50 Prozent der Maklerbetreuer:innen anfangen 😉 

Wie gelingt Vermittler:innen/ Berater:innen die Umstellung auf Honorarberatung? Welchen Weg würdest du empfehlecn? Wann müsste man einem Makler von einer Umstellung eher abraten?

Sie benötigen Schulungen oder ein Selbststudium sowie den Austausch mit in diesem Bereich bereits erfahrenen Makler:innen. 

Welche persönlichen, unternehmerischen und fachlichen Voraussetzungen sollte ein:e Vermittler:in/ Berater:in haben, um eine Honorarberatung anbieten zu dürfen? 

Meiner Meinung nach sollten Berufe in der Versicherungsbranche ganz allgemein eine mindestens dreijährige Ausbildung voraussetzen, damit diese ganzen ungeeigneten Beratungen durch die vielen Strukturvertriebe aufhören. Außerdem ist die Unabhängigkeit der Berater:innen ein Muss, genau wie Weiterbildungen und kontinuierliches Selbststudium. 

Welche Ansätze und Lösungen siehst du, um die Akzeptanz für Honorarberatung in Deutschland zu steigern?

Wir müssen die Transparenz steigern, gerade was die ganzen Kosten und die Auswirkung auf die Rendite betrifft. Und wir sollten nicht immer gegen die Provisionsberatung sein, sondern einen gemeinsamen Weg zu mehr Kundenorientierung gehen. Und zu guter Letzt: über das reden, was wir tun. 


In der Interviewreihe ‘Mit Vision – Auf dem Weg zur Unternehmer:in’ erfährst du alles über Entrepreneurship, die Zukunft des Vertriebs und deine eigene Rolle. Hier ist kein Platz für Schubladendenken oder Standardantworten. Ganz im Gegenteil: Innovation und Weitsicht stehen im Mittelpunkt dieser packenden Gespräche. 

Über die Autoren:

Stephan Busch ist Versicherungsmakler und Inhaber von PROGRESS Finanzplaner.
Tim Schreitmüller ist digitaler Stratege mit Versicherungs-Know-how von der LV 1871.

Über den Interviewpartner: 

Remie arbeitete nach seiner Ausbildung zum Versicherungs- und Finanzanlagenfachmann lange für die Debeka Weimar, bevor er die Makler-GmbH Finanzstube gründete. Seine Philosophie ist: „Absicherung, die wirklich zu dir passt.“

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