Björn Jöhnke in der Interview-Reihe zur Honorarberatung
„Die Chancen werden nicht gesehen“
In unserer brandneuen Interview-Reihe „Mit Vision – Über die Lage der Honorarberatung “ kommen Stimmen aus der Theorie und Praxis zu Wort, die sich kritisch mit der Beratung und Vermittlung gegen Entgelt auseinandersetzen, dabei Denkanstöße platzieren und die Folgen, Risiken und Chancen der Honorarberatung skizzieren. Heute sprechen wir mit dem Rechtsanwalt Björn Jöhnke. Er ist dreifacher Fachanwalt, nämlich für Versicherungsrecht, Gewerblichen Rechtsschutz und IT-Recht. Seine Kanzlei hat ihren Sitz in Hamburg.
Von persönlich bis rechtlich, von meinungsstark bis hin zu konkreten Ideen und Maßnahmen geben die Interviewpartner und Experten aus der Branche Antworten auf die drängendsten Fragen rund um die Honorarberatung – mal gewagt, meist genau auf den Punkt und in jedem Fall augenöffnend!
Für was bist du besonders dankbar?
Dafür, dass ich einen Beruf ausüben kann, der mir tagtäglich sehr viel Spaß bringt und ich damit nicht nur meine Familie ernähren, sondern auch anderen Menschen helfen kann. Ich empfinde es als Privileg, das machen zu können, was ich liebe. Ich denke, dass das nicht vielen Menschen so geht.
Es wird häufig über rechtliche Unklarheiten und Gefahren bei der Honorarberatung gesprochen. Welche siehst du?
Völlig richtig: Einiges ist noch nicht geregelt und ausgeurteilt – gerade was die Maklerpflichten angeht. Die Frage ist jedoch, ob das unbedingt sein muss. Je häufiger zum Beispiel Verbraucherzentralen Versicherungsmakler angreifen desto mehr wird es zu ausgeurteilten Vermittlerpflichten kommen. Zu erinnern ist an die Urteile gegen CHECK24 und Verivox, die für die Vermittler nicht dienlich gewesen sein dürften.
„Risiken werden propagiert“
Das Damoklesschwert „Provisionsabgaverbot“ (§ 48VAG) löst bei manchen eine gewisse Vorsicht aus und hindert auch einige daran, den Schritt in die Honorarberatung zu wagen. Dürfen bei der Honorarvermittlung wirklich nur Nettopolicen angeboten werden oder gibt es eine Möglichkeit, auch Bruttopolicen anzubieten und trotzdem Honorarvermittlung zu leben?
Jeder Versicherungsmakler kann auch Nettopolicen vermitteln und dafür beim Kunden ein Vermittlungshonorar berechnen. Handelt es sich aber um keinen Nettovertrag, so kann er beim Kunden kein zusätzliches Honorar in Abrechnung bringen, wenn die Tätigkeit mit dem Vermittlungsvorgang untrennbar zusammengehört.
Das Thema Honorarberatung wird nun seit über zehn Jahren in der Fachpresse als „die Chance“ für Vermittler und Berater kommuniziert. Nicht selten wird die Honorarberatung folglich als die Lösung der Zukunft gehandelt. Warum wird die Honorarberatung von Vermittlern und Beratern aus deiner Sicht noch nicht aktiv angepackt?
Viele Versicherungsvermittler können sich von dem klassischen Courtagemodell einfach nicht trennen. Das ist typisch für Deutschland. Die Chancen werden teilweise nicht gesehen und die Risiken vielmehr propagiert. Teilweise gibt es auch noch nicht in jedem Bereich geeignete Nettotarife, sodass auf Courtagetarife zurückgegriffen werden muss.
„Man kann nur hoffen, dass den Vermittlern faire Möglichkeiten verbleiben, sich beruflich entfalten zu können“
Was wird deiner Meinung nach in den nächsten fünf Jahren zum Thema Vergütung auf die Versicherungsbranche zukommen?
Es wird immer wieder zu Höhen und Tiefen in der Diskussion um die Vergütung der Versicherungsvermittler kommen. Das ist und bleibt ein Politikum. Man kann nur hoffen, dass den Vermittlern faire Möglichkeiten verbleiben, sich beruflich entfalten zu können. Dazu muss nicht ein „Fall des neuen Provisionsabgabeverbotes“ gehören. Vielmehr sollte es dem Vermittler möglich sein, gesetzlich zulässige Vergütungsmodelle zu etablieren, die nicht nur auf einer Courtagezahlung basieren.
Da Honorarberatung ja nicht immer pauschal die beste Lösung für Vermittler, Berater und Endkunden ist und es auch hier „schwarze Schafe“ gibt – Was zeichnet eine gute Honorarberatung aus bzw. was braucht eine Honorarberatung, um wirklich Mehrwert zu stiften?
Ein deutlicher Mehrwert dürfte sein, dass der Versicherungsvertrag nicht so kostenbelastet wird und damit flexibler für den Kunden ist. Als „schwarzes Schaf“ verschweigen viele Vermittler, dass auch während der Vertragslaufzeit noch Courtagen ausgelöst werden können, zum Beispiel durch die Erhöhung der monatlichen Beiträge im Bereich der Alvo.
Warum arbeiten nahezu alle Gewerbe und Dienstleistungen (Handwerker, Steuerberater, Coaches, Anwälte, etc.) auf Rechnung – nur die Versicherungsbranche nicht?
Ganz einfach: weil es ihnen gesetzlich möglich ist. Dem Versicherungsmakler jedoch nicht ohne Weiteres.
„Es kommt auf ein gutes Produkt an“
Häufig liest man: „Die Akzeptanz der Honorarberatung hält sich in Deutschland bei Verbrauchern immer noch in Grenzen“. Was ist deiner Meinung nach der Grund, weshalb die Honorarberatung wenig Nachfrage erhält?
Es gibt zu wenig Versicherungsvermittler, die dem Kunden die Vorteile transparent vorrechnen.
Was muss den Maklern bereitgestellt werden bzw. was brauchen sie von außen, um nicht nur von der Honorarberatung zu träumen, sondern sie zu leben?
Diversifizierung im tariflichen Angebot der Versicherungen, sodass auf viel mehr Nettoprodukte zurückgegriffen werden kann.
Mal ehrlich: Kommt es, wenn es um die Zufriedenheit von Verbrauchern geht, wirklich auf die Vergütung an? Worauf achtest du als Kunde von Dienstleistungen?
Nein. Nach meinem Dafürhalten kommt es eher auf ein gutes Produkt an und ob es zu mir passt. Das kann zum Beispiel im Einzelfall ein Nettoprodukt sein, muss es aber nicht.
Über den Interviewpartner:
Rechtsanwalt Björn Jöhnke ist dreifacher Fachanwalt, und zwar für Versicherungsrecht, Gewerblichen Rechtsschutz und Informationstechnologierecht (IT-Recht). Er ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow in Hamburg.